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KlimaFrieden – Gerechtigkeit und Frieden im Wandel?
Freitag, 10. Januar 2020, ab 18 Uhr in der Mennonitenkirche Hamburg
Dr. Marius van Hoogstraaten, neuer Pastor der Mennonitengemeinde zu Hamburg und Altona, begrüsste ca. 70 Menschen, die sich zum Thema KlimaFrieden in der Mennonitenkirche versammelt hatten. Kooperationspartner dieser Veranstaltung im Rahmen des mennoForums Klimawandel war die Arbeitsstelle für Theologie der Friedenskirchen an der Universität Hamburg. Deren Engagement und Kompetenz in der Friedensforschung, verbunden mit dem hoffnungsvollen Ansatz der Mennoniten betonte Prof. Fernando Enns, der die Podiumsdiskussion auch moderierte.
Dass der Klimawandel von Menschen verursacht ist, konnte Prof. Dr. Jürgen Scheffran von der Arbeitsgruppe Integrative Geographie der Universität Hamburg durch eine Auswertung der aktuellen Daten belegen. In Bezug auf die Verknüpfung zwischen Umwelt und Frieden/Krisen kann die durch Klimawandel nicht mehr sichergestellte Wasser- und Nahrungsmittelversorgung, können Wetterextreme und Fluchtbewegungen die Anpassungsmöglichkeiten der Menschen überfordern und zu Gewalt führen. Hier sollte die Bereitstellung natürlicher Ressourcen vonseiten der Menschen auf Bewahrung ausgerichtet sein. Daraus könne ein Gleichgewicht in Bezug auf die Ressourcenquellen (Bewahrung), die Machtprozesse (Gerechtigkeit), die Politik (Solidarität), die Verbesserung der Effizienz und die menschlichen Bedürfnisse gewonnen werden, um Frieden zwischen Mensch und Natur zu schaffen. So erfüllte Scheffran das Anliegen der meisten Versammelten, das sie in einer kurzen Meinungsäußerung am Anfang kundgetan hatten: „Ich bin heute Abend hier, weil ich den Zusammenhang von Klimawandel und Friedensbildung besser verstehen will.“
Auf das Podium traten zur Diskussion die Umweltpsychologin Dr. Stefanie Baasch, wissenschaftliche Mitarbeiterin am artec Forschungszentrum Nachhaltigkeit der Universität Bremen, und Sam Schamp von der Bewegung „extinction rebellion“ (engl.: Rebellion gegen das Aussterben). Frau Baasch wies darauf hin, dass wir den Klimawandel nicht sensorisch wahrnehmen können und es sich um ein so komplexes Thema handelt, dass es Angst mache. Dies fordere die Verdrängung durch die Menschen heraus, v.a., weil ihr eigenes Verhalten ihnen Schuldgefühle bereite. Strategien sind dann Verleugnung, Informationen werden nur selektiv wahrgenommen, und es bestehe eine Tendenz, Änderungen zu meiden. Zur Illustration hatte sich bei der Eingangsbefragung eine große Mehrheit positiv zu der Feststellung „Der Klimawandel macht mir Angst“ und deutlich weniger zu „Ich habe in meinem Alltagsleben schon Dinge verändert aufgrund des Klimawandels“ geäußert.
Ferner wurde im Podiumsgespräch hervorgehoben, dass sowohl der Klimawandel als ein Faktor Konflikte mitverursache, als auch Konflikte den Klimawandel beeinflussen. Viele, die wirtschaftlich noch nicht profitiert haben und keinen sozialen Ausgleich erlebt haben, halten an fossiler Energie fest. So stehen die Menschen gegeneinander, ebenso im demonstrativen Konsum. Aber nützt Konsumverzicht etwas? Baasch meint durchaus, dass eine sichtbare Änderung das soziale Umfeld beeinflusse, zu einer Änderung der Normen führen könne und zu einem Wertewandel. So ist das Individuum auch wichtig und das eigene Handeln am leichtesten zugänglich.
Hier nun wies Eva Maria Neff, eine Aktivistin der „less waste“ – Bewegung, in ihren Praxisbeispielen nach, dass Verzicht auch Gewinn bedeuten könne, wenn man sich nach den Maximen refuse (ablehnen), reduce (Bestand minimieren/gebraucht kaufen), mehrfach nutzen, recycle (Mülltrennung) und rott (Kompostieren) richte.
Anschließend verdeutlichten Diskussionsbeiträge Anreize der Politik, etwa finanzieller oder bildungspolitischer Art. Was wird subventioniert mit unseren Steuern? Es gelte, den alten Weg zu erschweren und den neuen leichter zu machen. Ein imperialer Impetus in Bezug auf afrikanische Länder beispielsweise dürfe daraus nicht abgeleitet werden. Fortschritt musste immer gegen Widerstände durchgesetzt werden (Ende der Sklaverei, Ende FCKW in Kühlschränken etc.). Extinction rebellion will mit zivilem Ungehorsam Druck auf die Politik ausüben.
Prof. Scherran und Schamp wiesen abschließend darauf hin, dass Klimafrieden häufig mit sozialem Frieden auftrete, die Psychologin Baasch sprach das „mit sich selbst im Frieden leben“ an.
Doris Franzbach – ATF